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von Emilie Kreutzer und Bent Stohlmann

Am Abend des 24.6.2014 war es endlich soweit. Nach und nach versammelten sich 25 Schülerinnen und -schüler der Q1 gemeinsam mit Frau Hauer und Herrn Magofsky auf dem Parkplatz des Tierparks Olderdissen, um in Richtung Calais aufzubrechen, von wo aus man in den frühen Morgenstunden auf die britische Insel übersetzen wollte, zu einer Studienfahrt, die uns in den nächsten zehn Tagen quer durch England bis ins schottische Edinburgh führen sollte. Natürlich waren alle über den groben Ablauf der Fahrt informiert, was uns allerdings tatsächlich erwarten würde, das wusste wohl niemand.
So saßen wir nun alle gemeinsam im Bus, die „Benji-Bible“ (zu Deutsch: Benjamin-Bibel), den 235-seitigen Reader, der sich diesen an Herrn Magofskys Vornamen angelehnten Titel im Verlauf der Fahrt noch redlich verdienen sollte, griffbereit. Richtig komplett wurde die Fahrtgemeinschaft allerdings erst, als wir an einem Rastplatz den Busfahrer wechselten und uns über die Lautsprecheranlage des Busses mit fröhlicher Stimmer Peter begrüßte. Er sollte für die nächsten zehn Tage nicht einfach nur unser Busfahrer sein, sondern zudem auch stets mit einem witzigen Spruch die Stimmung aufheitern.
Während der Überquerung des Ärmelkanals ging die Sonne auf, sodass schließlich die Kreidefelsen von Dover im Morgenlicht auftauchten.

Foto 1 Kreidefelsen von Dover
Die Kreidefelsen von Dover, deren Entstehungszeit etwa 136 Millionen Jahre zurückreicht

Von da an war die Schonzeit vorbei. Ein munterer Herr Magofsky nahm, sobald wir uns auf englischem Boden befanden, das Mikrofon in die Hand und fing an über die Entstehung der britischen Insel zu referieren,  um unsere von der Überfahrt bereits etwas geschaffte Gruppe aufzuwecken.


London – Britische Hauptstadt, Global City und 8-Millionenmetropol
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Die erste Station war der Nullmeridian in Greenwich, der Ort, von dem aus die Längengrade und die Zeitzonen bestimmt wurden, und von wo aus wir schon einmal den ersten Blick auf die Skyline Londons werfen konnten, welche die um diese Zeit gerade aufwachende Stadt in schönstem Sonnenlicht präsentierte.

Foto 2 Royal Observatory
Blick vom Nullmeridian des Royal Observatory in Greenwich auf London. Im Vordergrund das National Maritime Museum, dahinter das ehemalige Hafengebiet der Isle of Dogs, mittlerweile für den (Finanz-)Dienstleistleistungssektor revitalisiert als Ergänzung zur City of London, hinten links im Bild

In den nächsten vier Tagen lernten wir die britische Hauptstadt von all ihren Seiten kennen, teils beobachtend und erarbeitend, teils durch Lehrervorträge und mithilfe von Referaten, die wir vor der Fahrt erstellt hatten. Am ersten Tag, der sich aus unterschiedlichsten Perspektiven dem Königtum und dem Parlament widmen sollte, verloren wir uns nach den Houses of Parliament vor dem Buckingham Palace, während der „Changing Of The Guards“-Zeremonie. Anschließend widmeten wir uns der Kunst- und Kulturgeschichte, indem wir uns in Gruppenarbeit anhand bedeutender Gemälde der National Gallery einen Überblick über verschiedene Kunstepochen verschafften.

Foto 3 Trafalgar Square
Trafalgar Square in London mit dem Denkmal für Admiral Horatio Nelson. Im Hintergrund der Uhrenturm der Houses of Parliament mit der berühmten Glocke Big Ben

Am darauf folgenden Tag lernten wir in der City of London nicht nur die Stadt als Global City, sprich als modernen und weltweit bedeutenden Finanzmarkt kennen, sondern erfuhren auch vor allem im Tower of London interessante Fakten über die Stadtgeschichte.

Foto 4 Tower of London
Der White Tower, ab 1078 gebaut, und somit der älteste Teil des Tower of London, im Hintergrund eines der markantesten Gebäude der City of London, 30 St Mary Axe, oft „The Gherkin“ (dt. „Essiggurke“) genannt

Aktuelle stadtgeographische Entwicklungen sollten anhand eines Monopoly-Spiels deutlich gemacht werden. In Gruppenarbeit haben wir die Straßen Londons, die in einem Monopoly Spiel von 1935 Erwähnung finden, untersucht und festgestellt, dass nicht in jedem Fall das damalige Spielbrett im Hinblick auf den Wohlstand und die soziale Segretation der Gegend mit dem heutigen London übereinstimmt, einzelne Stadtteile also reicher bzw. ärmer geworden sind.

Foto 5 Monopoly
Monopoly. Auswertung der Erkundung der Straßen in Gruppenarbeit und Entwurf eines neuen Spielbretts für das Jahr 2014

Ein Besuch im British Museum am letzten Tag in London brachte beeindruckende Einblicke in die riesigen Mengen bedeutender Ausstellungsobjekte der Menschheitsgeschichte, die das British Empire über die Jahrhunderte hinweg angesammelt hatte.
Besondere Highlights in London waren sicherlich auch das Theaterstück „The Last Days Of Troy“, aufgeführt im Globe Theatre, einer historischen Nachbildung des Theaters von 1599, und als sogenannter „Groundling“ (das bedeutet drei Stunden stehen) erlebt. Ähnlich ereignisreich war der Besuch von Camden Town, einem Stadtteil, der sich jeden Samstag in einen einzigen riesigen Markt verwandelt auf dem es verschiedenste, modische, aber auch kulinarische Highlights zu entdecken gibt. 

Foto 6 Camden Market
Camden Market, eine der größten Märkte in London und Zentrum von alternativer Mode und Design


England im Elisabethanischen Zeitalter: Oxford und Stratford-upon-Avon

Foto 7 Balliol College
Das 1263 gegründete Balliol College in Oxford

Die Weiterfahrt am vierten Tag brachte uns zunächst in die Universitätsstadt Oxford. Nach einem Stadtrundgang und einem Besuch im Balliol College ging es weiter in William Shakespeares Geburtsort Stratford-upon-Avon, zu dessen Geburtshaus, zur dortigen Holy Trinity Church, in der Shakespeare begraben liegt sowie zu seinem Denkmal.

Foto 8 Shakespeare Memorial
Shakespeare Memorial in Stratford-upon-Avon


England im Mittelalter: York, Durham und Alnwick Castle

Von der Elisabethanischen Zeit ging es ins Mittelalter, von Warwickshire nach Yorkshire. York war hier unser erstes Ziel. Beeindruckend war dort besonders der ganz eigene Flair der verwinkelten Gassen der noch von einer Mauer umgebenen Altstadt mit dem gotischen York Minster, der größten mittelalterlichen Kirche Englands.

Foto 9 The Shambles in York
The Shambles in York. Die ehemalige Fleischergasse mit ihren charakteristischen, nach vorne geneigten Fachwerkhäusern und Auslagen, gilt als eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Straßen Europas

In den späten Mittagsstunden brachen wir schließlich in Richtung Norden auf, wo wir nach zwei kleineren Zwischenstopps am Abend Edinburgh erreichen sollten. Unseren ersten Zwischenstopp nutzten wir, um im beschaulichen Städchen Durham die dortige Kathedrale zu besichtigen. Dieses Unesco-Weltkulturerbe ist besonders erwähnenswert, da es sich hierbei zwar um eine Kathedrale im normannischen Baustil handelt, sie allerdings mit ihren Kreuzbögen ein typisches Element des gotischen Stils vorwegnimmt.

Foto 10 Durham Cathedral
Referat vor Durham Cathedral

Die zweite Pause brachte uns zu Alnwick Castle. Was, durch die Ankündigung als entscheidender Drehort für die Harry Potter Verfilmungen, freudige Erwartungen in der Gruppe ausgelöst hatte, war letztendlich nicht mehr als ein zwar ganz nettes, ansonsten aber nicht weiter spektakuläres Castle, das bei Betrachtern eine Menge Fantasie und Wissen über die dort gedrehten Szenen voraussetzt, damit dieser erahnen kann, wo der Bezug zu eben jenen Filmen besteht.

Foto 11 Alnwick Castle
Alnwick Castle


Edinburgh – Die schottische Hauptstadt

Edinburgh hat uns alle wohl am meisten überrascht: als Hauptstadt Schottlands kaum wiederzuerkennen in diesem gleißenden Sonnenlicht und der erstaunlichen Hitze – wären da nicht der etwas gewöhnungsbedürftige Akzent, die Dudelsackmusik und der Whiskey an jeder Ecke gewesen. Allerdings war nach dem Besuch des schottischen Parlaments nicht der Stadtrundgang mit unserem Guide – den wir nach bestandener Prüfung seinerseits, ob wir alle Bundesländer aufzählen könnten, dazu brachten „Streichholzschachtelfachverkäufer“ zu sagen, was diesem allerdings mehr schlecht als recht gelang – eine schöne Unternehmung im Angesicht des hervorragenden Wetters und des majestätischen Castles.

Foto 12 Calton Hill
Blick vom Calton Hill auf Edinburgh. Im Hintergrund das auf einem Basaltkegel hoch gelegene und daher gut zu verteidigende Edinburgh Castle

Am Abend machten wir uns auf, um den Arthur’s Seat zu erklimmen, einen 251 Meter hohen Stadtberg, der mit einem unbeschreiblichen Gipfelausblick auf die Stadt, die schottischen Berge, den Firth of Forth und die Nordsee und damit insgesamt einen Eindruck davon vermittelt, was Schottland – neben der kulinarischen „Spezialität“ Haggis – noch alles zu bieten hat.

Foto 13 Arthur's Seat
Blick vom Arthur's Seat auf Edinburgh und den in die Nordsee mündenden Firth of Forth

Am Folgetag brachen wir dann in Richtung des Fährhafens in Hull auf, den wir auch nach einigen kurzen Zwischenstopps, z.B. beim ehemaligen schlossähnlichen Wohnhaus des berühmten Schriftstellers Sir Walter Scott in den Abendstunden auch erreichten. Von dort legte dann schließlich unsere Fähre Richtung Rotterdam ab.


Wieder auf dem Festland – Die Niederlande als Abschluss der Reise

Den niederländischen Hafen von Rotterdam, der mit seinen gigantischen Ausmaßen immerhin der größte Hafen Europas ist, erreichten wir schließlich nach dreizehnstündiger, zum Glück ruhig verlaufener, Schifffahrt. Von Rotterdam brachen wir ohne große Umwege Richtung Amsterdam auf, die Stadt, welche für die Ästhetik ihrer Grachten weltberühmt geworden ist. Hier brachten wir schließlich noch vier Stunden mit einem Stadtrundgang und anschließender Erkundung der Stadt auf eigene Faust zu.

Foto 14 Amsterdam
Amsterdam. Der Grachtengürtel, im Hintergrund die Westerkerk, wurde im 17. Jahrhundert zur Erweiterung der mittelalterlichen Altstadt angelegt und ist damals wie heute Wohnort des bürgerlichen Amsterdam


Gegen 16 Uhr ging es dann schließlich zurück nach Deutschland, wo wir gegen 20 Uhr am Ausgangspunkt unserer Reise, dem Tierpark Olderdissen wieder ankamen.

Das Besondere an dieser Fahrt war vielleicht nicht das Reiseziel an sich oder die Summe der erstaunlichen und beeindruckenden Dinge, die wir gesehen haben, sondern eindeutig das Gefühl als Teil einer erstaunlich gut funktionierenden Gruppe die Erfahrung zu machen, ein scheinbar schon bekanntes Land noch einmal neu kennenzulernen – und dabei die Lehrer nicht als Gegenspieler zu betrachten, sondern vielmehr als noch viel  mehr wissende Mitreisende, die sich nur zu gerne die Füße platt laufen und scheinbar nie eine Sitzgelegenheit brauchen.