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Das Ministerium für Schule und Bildung NRW bietet in den Oster- und Herbstferien regelmäßig kostenlose Lernferien für Schülerinnen und Schüler der 8. und 9. Klassen an. Dabei geht es darum, individuelle Potenziale zu erkennen, zu nutzen und zu entwickeln. In einem interessanten Programm von unterschiedlichen Workshops geht es um Motivation, Förderung und Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragestellungen. In den vergangenen Herbstferien nahmen wieder einige Schülerinnen und Schüler des Ratsgymnasiums an diesem Angebot teil.

Anouk Simon aus der U III b erzählt in ihrem Erfahrungsbericht von ihren Erlebnissen.
Vielleicht kann diese Darstellung für weitere Schülerinnen und Schüler eine Anregung für die Planung der kommenden Osterferien sein.
Die Informationen zu den Anmeldungen werden rechtzeitig bekanntgegeben.

R. Tenge, 08.11.2020

Anouk Simon, UIIIb

Erfahrungsbericht

Meine Herbstferien als Lernferien - Noch mehr Schule, oder was!?

Unter „Ferien“ versteht man ja eigentlich Erholung, Abschalten und nicht groß über Schule nachdenken…lieber den eigenen Hobbies nachgehen und sich mit Freunden treffen. – Als ich von den „LernFerien NRW“ erfahren habe, habe ich deswegen zuerst auch gedacht: „Lernen und Ferien?! Das passt gar nicht zusammen!“

Doch als ich mir den Wochenplan von „LernFerien – Begabungen fördern“ genauer angesehen habe, habe ich einen ganz anderen Eindruck bekommen. Für Schülerinnen und Schüler aus der achten und neunten Klasse wurde in Bielefeld unter dem Motto „Blickwinkel“ ein ziemlich abwechslungsreiches Programm angekündigt. Die einzelnen Programmpunkte reichten von Foto- und Kunstworkshops bis hin zur Diskussion mit Politikern. Das hat alles richtig spannend ausgesehen und hat mich ziemlich neugierig gemacht.

Ich wollte gern mitmachen und hatte das Glück, dass mich das Ratsgymnasium für die Teilnahme vorgeschlagen hat ( – Man muss von einer Lehrkraft der eigenen Schule vorgeschlagen werden, und pro Schule darf nur eine Person für „Begabung fördern“ angemeldet werden.). Ich habe schnell eine Zusage für einen der zwölf Plätze in Bielefeld erhalten. In meinem Kopf ist aus dem Wort „LernFerien“ ein „Workshop-Camp“ geworden.

Die Lerncamps finden immer fünf Tage lang statt und normalerweise in einem Jugendgästehaus mit Übernachtung und Abendprogramm. Diesmal gab es aber wegen Corona leider kein Übernachten, sondern wir haben uns jeden Tag nur von 10 bis 17.30 Uhr getroffen, außerdem in einer kleineren Gruppe und mit Hygienemaßnahmen. Schülerinnen und Schüler aus ganz Nordrhein-Westfalen können an den Camps teilnehmen, so dass in unserer Gruppe zum Beispiel auch welche aus Duisburg oder Bad Driburg waren. Lernferien 1Natürlich war es aufregend für mich, mit fremden Personen, die ich alle (außer einer Freundin) noch nicht kannte, so eine Woche zu verbringen. Das Programm war aber gut aufgebaut, so dass wir am Anfang erst mal Zeit hatten, uns über Kennenlernspiele miteinander vertraut zu machen. In einer ersten Übung sollten wir uns in unterschiedliche Situationen hineinversetzen. Es ging darum, zu negativen Erlebnissen  –  wie zum Beispiel „Ich verliere mein Handy.“ oder sogar „Meine Eltern trennen sich.“ –  eine andere gedankliche Perspektive zu finden. Zusammen haben wir überlegt, ob und welche Vorteile mit solchen Unglücken verbunden sein könnten.

Thematisch ging es nach dem ersten Kennenlerntag weiter unter dem Motto „Blickwinkel vergleichen“. Am Dienstag waren zwei Gäste eingeladen – Barbara Kahl-Zimmermann, eine Künstlerin, und Yilmaz Kartal, ein jesidischer Gastronom. Beide erzählten uns von ihren teilweise dramatischen Lebenserfahrungen. Die persönlichen Geschichten waren jede für sich schon sehr bewegend, und dabei auch sehr unterschiedlich. Da war es gleichzeitig beeindruckend zu sehen, dass man sich auch trotz ganz verschiedener Lebenserfahrungen gut miteinander verstehen kann.

Lernferien 2Am Nachmittag haben wir dann eine Ausstellung in der Kunsthalle besucht, wo eine Kunstpädagogin für uns eine Führung gemacht hat und wo wir uns über unsere verschiedenen Eindrücke ausgetauscht haben. Auch hier konnten wir erleben, dass Künstler die Welt ganz unterschiedlich sehen und dass wir selbst auch alle einen unterschiedlichen Blick auf die Kunst haben. Zum Schluss durften wir vor Ort selbst noch kreativ werden.

Lernferien 3

Am Mittwoch lag der Schwerpunkt auf „Blickwinkel hinterfragen“: Vormittags war ein Wissenschaftler von der Universität da, der mit uns über die Forschung  zu Geschlechter-Stereotypen sprach. Mein persönliches Highlight war allerdings der Nachmittag, als wir die Gelegenheit bekamen, mit Kommunalpolitikern der verschiedenen Parteien eine Podiumsdiskussion zu veranstalten. Auch hier wurden wieder ziemlich verschiedene Blickwinkel deutlich. Ich fand es cool, einmal aus der Nähe mit Politikern sprechen zu können.

Lernferien 4Der nächste Tag war mit „Blickwinkel ändern“ überschrieben. Morgens stand Fotografieren auf dem Programm, und wir haben uns mit der Veränderung von optischer Perspektive beschäftigt. Wir haben denselben Gegenstand mit einem unterschiedlichen Fokus fotografiert und mit optischen Täuschungen experimentiert. Da ich gern fotografiere, war das natürlich auch ein Highlight! Nachmittags hat der Redner und Coach Leander Greitemann, der sonst schon mal vor Hunderten von Menschen spricht, einen Vortrag über Möglichkeiten des Perspektivwechsels gehalten. Interessant war zum Beispiel seine Übung, typische Gedanken- und Verhaltensmuster, die wir bei uns selbst erkennen, einmal aufzuschreiben, um sie dann anders als gewohnt zu bewerten.

Am letzten Tag haben wir einen kleinen Rückblick gemacht und eine „Warme Dusche“. Das heißt, jeder von uns bekam ein Blatt Papier, auf dem die übrige Gruppe positive Rückmeldungen gesammelt hatte.

Ich muss sagen, mir hat die Woche insgesamt richtig gut gefallen und ich bin dankbar, dass ich mitmachen durfte. Ich konnte nette Leute kennenlernen und viele neue Erfahrungen sammeln. Dazu gehörten Aktivitäten, zu denen ich sonst nie die Gelegenheit gehabt hätte. Es war schön, sich ganz frei und ohne zeitlichen Stress oder Notendruck mit interessanten Themen zu beschäftigen.

Als Gruppe sind wir schnell zu einer guten Gemeinschaft geworden und nach kurzer Zeit habe ich gedacht, dass ich die anderen schon viel länger kennen würde. Mir hat es neben der guten Zusammenarbeit besonders gut gefallen, dass wir immer viel miteinander gelacht haben. Auch die Pausen mit „Werwolf“-Spielen und gemeinsamen Mahlzeiten haben dazu beigetragen.

Abschließend kann ich sagen, dass ich jederzeit an einem weiteren LernFerien-Angebot teilnehmen würde. Und ich würde die Teilnahme auch auf jeden Fall an andere weiterempfehlen. Selbst in den Ferien lohnt es sich mitzumachen, auch wenn der Name „Lernferien“ vielleicht etwas abschreckend sein kann.