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Besonders stimmgewaltig und musikalisch kommt die Inszenierung des Büchner-Klassikers aus dem Jahr 1836 daher, die Literaturkurslehrer Michael Bruderhofer mit den Schülerinnen und Schülern seines Literaturkurses aus der Q1 auf die Bühne bringt. Während bereits zu Beginn, begleitet von Woyzecks Gitarrenspiel (Justus Lunecke), Hildegard Knefs Klassiker „Für dich solls rote Rosen regnen“ ertönt und das Publikum melancholisch auf das Stück einstimmt, kommen immer wieder musikalische Elemente zur Geltung, die die Inszenierung prägen und in die Moderne transformieren. Da intonieren Woyzeck und Marie (Claudio Ebeler Velázquez, Emilia Heuer) stimmgewaltig die Ballade „What I was made for“ oder es tanzt die Festgesellschaft zum Partyschlager „Leyla“, der die im Werk kritisierte Oberflächlichkeit der Gesellschaft treffend aufgreift.

Denn ein Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse ist der arme Franz Woyzek (Claudio Ebeler Velázquez, Julian Kunze, Justus Lunecke), der sich an seiner großen Liebe Marie (Emilie Berdnikov, Patricia Brokmann, Emilia Heuer) festhält und sich um das Wohl des gemeinsamen unehelichen Kindes sorgt. Der von der Gesellschaft verachtete, von seinem Vorgesetzen und Hauptmann (Giulia Luge) belächelte und gedemütigte einfache Soldat tut alles, um seine Familie durchzubringen. So verschreibt er sich auch dem fragwürdigen und menschenverachtenden Experiment eines Doktors (Merlind Steffen), um Geld für Frau und Kind zu verdienen. Als Marie ihn dann mit einem schmierigen Tambourmajor (gekonnt inszeniert von Tim Pankoke) betrügt, bricht für den armen Soldaten die Welt zusammen. Obwohl Marie die Tat bereut, sieht Woyzeck keinen anderen Ausweg und ermordet die Geliebte aus Eifersucht. Die Geschichte ist die eines typischen Antihelden, der die Verlogenheit der gesellschaftlichen Tugend schonungslos offenlegt und somit auch heute nicht an Aktualität verliert.
Die Inszenierung gelingt Literaturkursleiter Michael Bruderhofer besonders durch die dreifache Besetzung der beiden Hauptcharaktere, die die Schizophrenie Woyzecks aufgreift und seine innere Zerrissenheit widerspiegelt. Unterstützt wird dies von einem gelungenen Bühnenbild.